Evangelische Landeskirche Anhalts

„Nicht ständig neu verhandeln wollen“

Zerbst / Anhalt, am – In Bericht des Landeskirchenrates vor der Landessynode hat Kirchenpräsident Joachim Liebig am heutigen Freitag im Gymnasium Francisceum Zerbst die Bedeutung des guten Verhältnisses zwischen Kirche und Staat gerade in Sachsen-Anhalt hervorgehoben: „Ein Bundesland, das dabei ist, seine Identität neu zu finden – wobei die Region Anhalt einen entscheidenden Faktor bildet – täte nicht gut daran, ein definiertes Miteinander beständig neu verhandeln zu wollen.“

Liebig nahm damit Bezug auf Anfragen unter anderem an die Zuweisung von staatlichen Finanzmitteln an die Kirchen. Das Verhältnis Staat-Kirche sollte ebenso wenig diskutiert werden wie die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Medien oder der Parteien, sagte der Kirchenpräsident.

Die Herbsttagung der Landessynode der Evangelischen Landeskirche Anhalts hatte am 14. November in Zerbst mit einer Andacht, der Eröffnungsrede von Präses Andreas Schindler und ersten Beratungen begonnen. Am heutigen Freitag fand zum Auftakt ein Synodalgottesdienst in Lindau statt, an den sich eine Begegnung mit Vertretern von Kirchengemeinde und Kommune anschloss. In seinem Grußwort hob der Zerbster Bürgermeister Andreas Dittmann die Bedeutung der Stadt Zerbst für die Reformationsgeschichte hervor und regte eine weiter enge Zusammenarbeit mit der anhaltischen Landeskirche auf dem Weg zum Reformationsjubiläum 2017 an.

Lage der Landeskirche, Reformationsjubiläum, Personalsituation

Mit Blick auf die anhaltische Landeskirche unterstrich Kirchenpräsiden Joachim Liebig, deren Gemeinden, Dienste und Werke leisteten ihre Arbeit „unter den nicht immer ganz einfachen Bedingungen hier in Mitteldeutschland“. Die Landeskirche Anhaltes nehme damit eine Entwicklung vorweg, die in anderen Bereichen Deutschlands möglicherweise erst am Anfang sei. „Von zentraler Bedeutung wird es zukünftig sein, nicht nur abwartend bereit zu stehen, sondern freundlich einladend das Evangelium zu sagen und – soweit es geht – auch zu verkörpern.“ Immer mehr Menschen fragten sich, welche Bedeutung der Glaube für sie persönlich haben könnte.

Mit Bezug auf das Reformationsjubiläum im Jahr 2017 schlug der Kirchenpräsident vor, eine temporäre Arbeitsgruppe für Anhalt einzusetzen und landeskirchliche Arbeitsbereiche auf dem Weg in das Jahr 2017 „gezielt neu zu justieren“. Die Personalsituation in der Evangelischen Landeskirche Anhalts bezeichnete Liebig als solide, wies jedoch auch auf vorhersehbare Nachwuchssorgen hin: „Wir wollen versuchen, junge Leute für kirchliche Berufsfelder zu interessieren. Wir werden für kirchliche Berufe verstärkt werben müssen, um auch mittelfristig alle Stellen besetzen zu können.“

Ehe und Familie

Zur viel diskutierten Orientierungshilfe der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zum Thema Ehe und Familie sagte der Kirchenpräsident: „Es ist weder ein Zeichen von Intoleranz noch beschränktem Traditionalismus, die dauerhafte Ehe zwischen Mann und Frau für das Gemeinschaftsmodell zu halten, an dessen Tragweite, Bedeutung und Kraft alle anderen Beziehungsformen zu messen sind. Angesichts der sehr grundsätzlichen Fragen einer alternden Gesellschaft ist nicht nur soziologisch zu fragen, ob Familie wirklich in allen unterschiedlichen Erscheinungsformen zukunftsfähig ist. Denkbar wäre auch, dass in nicht allzu ferner Zukunft gegenseitige Fürsorge in viel größerem Umfang an die Familie zurückfällt, als wir es uns im Augenblick vorzustellen vermögen.“

Katastrophe auf den Philippinen, Engagement für die Elbe, Dank an die Fluthelfer

Zur aktuellen Situation in Südostasien sagte Liebig: „Erneut erleben wir hautnah, wie Menschen ihre Existenz verlieren und hoffnungslos auf die Zukunft schauen. Erneut erleben wir unsere eigene Hilflosigkeit in dieser Situation. Erneut stellt sich die dringende Frage, inwieweit unser aller Lebensweise unsere natürliche Umgebung in einer Tiefe schädigt, die solche gigantischen Naturkatastrophen immer häufiger stattfinden lassen wird. Neben der praktischen Hilfe durch Spenden bleibt uns Christenmenschen das fürbittende Gebet für die Opfer der Katastrophe auf der anderen Seite der Erde. Die eigene höchst individuelle Wohlfahrt und der ganz große Kontext gehören stets zusammen. Wer das eine gegen das andere auszuspielen versucht, muss scheitern.“

Vor dem Hintergrund der Flutkatastrophe im Juni nahm Liebig Bezug auf das Engagement der Evangelischen Landeskirche Anhalts unter anderem für den Schutz der Elbe. „Die kirchliche Position hat stets den Ausgleich zwischen den Interessen des Natur- und Umweltschutzes und den wirtschaftlichen Interessen entlang der Flüsse betont. Hinzu kam eine sehr deutliche Warnung vor zu erwartenden Veränderungen im Gesamtsystem der Flüsse durch Veränderungen der Niederschlagsmengen und andere Faktoren.“ Nicht selten sei diese Haltung als Schwarzmalerei diffamiert worden.

„Die Flut 2002 und erneut die Flut in diesem Jahr haben jedoch gezeigt, wie tiefgreifend die Veränderungen sein werden, auf die wir uns nun einzurichten haben. Selbstverständlich ist es notwendig, darauf mit technischen Mitteln wie Deichbau zu reagieren. Gleichwohl wird der technische Hochwasserschutz mit Abstand nicht hinreichend sein. Die Wiedergewinnung von Freiflächen entlang der Flüsse und eine völlig andere Nutzung flussnaher Gelände werden unausweichlich sein.“ Liebig warb wiederholt für ein Elbe-Gesamtkonzept unter Berücksichtigung der neuesten Fluterkenntnisse und dankte zugleich allen Helferinnen und Helfern während der Flutkatastrophe.

Die Tagung der Landessynode wird am heutigen Freitag fortgesetzt mit Beratungen zum Haushalt 2014, zu Änderungen im kirchlichen Mitarbeitervertretungsgesetz und im kirchlichen Stiftungsgesetz.

Hintergrund

Die Landessynode der Evangelischen Landeskirche Anhalts besteht aus 33 von den Ältesten der Kirchenkreise gewählten und sechs von der Kirchenleitung berufenen Synodalen. Zwei Drittel der Synodalen sind Nichttheologen, ein Drittel Theologen. Die Stellvertreter der Landessynodalen werden von den Kreissynoden gewählt. Die Landessynode kommt regelmäßig zwei Mal im Jahr zu Tagungen zusammen, dazwischen arbeiten die Synodalen in Ausschüssen. Die anhaltische Landeskirche hat derzeit rund 40.300 Mitglieder.

Weitere Informationen zur Synode unter http://www.landeskirche-anhalts.de/landeskirche/synode](http://www.landeskirche-anhalts.de/landeskirche/synode).

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