Evangelische Landeskirche Anhalts

Klassohn: 'Mitglieder und Freunde gewinnen'

Dessau-Roßlau, am – Bericht von Kirchenpräsident Helge Klassohn vor der anhaltischen Synode In seinem Bericht vor der Landessynode hat Kirchenpräsident Helge Klassohn am Freitag die Mitgliedergewinnung als zentrale Aufgabe der Evangelischen Landeskirche Anhalts bezeichnet. „Es führt kein Weg daran vorbei: Wir brauchen viele neue Mitglieder, um als ‚Landeskirchengemeinde’ hier in Anhalt Zeugnis und Dienst Jesu Christi ausrichten zu können.“

In diesem Zusammenhang warb der Kirchenpräsident für die Gründung einer Stiftung „Evangelisches Anhalt“. „Aus deren Erträgen sollte die Arbeit der evangelischen Kirchengemeinden und kirchlichen Einrichtungen in Anhalt gerade hinsichtlich ihrer missionarischen Wirkung unterstützt werden“, sagte Klassohn. Weiter mahnte er ein entschiedenes Eintreten von Kirche und Staat gegen den wachsenden Rechtsextremismus in Deutschland an. Mit Blick auf die soziale Situation in Deutschland kritisierte der Kirchenpräsident die mangelnden Führungs- und Vorbildqualitäten vieler Manager in großen Wirtschaftsunternehmen. Mitgliedergewinnung Klassohn forderte die kirchlichen Gemeinden und Einrichtungen in Anhalt auf, Freundschaften auch außerhalb des kirchlichen Bereichs zu pflegen und auszubauen. Es sei zu bedenken, ob Freunden der evangelischen Kirche nicht ein eigener Status auch jenseits der Kirchenmitgliedschaft zuerkannt werden könne. „Wir brauchen sehr viele Kontakt- und Schnittstellen mit den Menschen in unserer Region. Wir brauchen die Einstellung, dass wir in Anhalt von Gott unseren Platz zugewiesen bekommen haben, um hier das Evangelium zu leben und zu verkündigen.“ Besondere Aufmerksamkeit müsse sich auf die zahlreichen älteren getauften Mitbürgerinnen und Mitbürger richten, die nicht mehr organisatorisch zur evangelischen Kirche gehörten. Es liege in der Verantwortung der Landeskirche, so Klassohn, dass alle Menschen in Anhalt die Chance der Begegnung mit dem Evangelium hätten. „Da finde ich, ist unsere Landeskirche nicht ersetzbar, und sie soll Zukunft haben – eine Zukunft, die ihre Herkunft nicht vergisst.“ Die Mitgliedergewinnung, so Klassohn, sei auch in engem Verhältnis zur Aufgabe der evangelischen Bildung zu sehen, die im Mittelpunkt der Synodaltagung am 25. und 26. April steht. „Die Kommunikation des Evangeliums nach den biblischen Überlieferungen, die Weitergabe des Glaubens in Familie, Kindergarten, Schule, in Gottesdiensten und Gemeindekreisen – dies alles gehört zur Wahrnehmung unserer evangelischen Bildungsverantwortung, um derentwillen schon Luther und Melanchthon das Schulwesen und den Unterricht der Kinder und Jugendlichen in den Blick genommen haben.“ Situation der Landeskirche Wichtig für das Gelingen der Reformen in der anhaltischen Kirche sei aber auch, „dass wir weiter den Einsparerfordernissen gerecht werden, die Regionalstruktur ausbauen und eine vorausschauende Personalpolitik betreiben“, sagte der Kirchenpräsident. Hier sei die Landeskirche derzeit auf einem guten Weg und könne das Rechnungsjahr 2007 wieder mit schwarzen Zahlen abschließen. „Nach den Spar- und Personalbeschlüssen der Landessynode in den Jahren 2002–2004 und der Umsetzung dieser Beschlüsse in den Jahren 2005 / 2006 – auch dank der anhaltenden Konjunktur mit den entsprechenden Steuereinnahmen – sind wir aus den gröbsten finanziellen und strukturellen Schwierigkeiten heraus. Wir haben einen gewissen Spielraum für die Gestaltung unserer Verhältnisse zurück gewonnen und müssen nicht mehr nur den finanziellen Sachzwängen folgend reagieren.“ Basis aller kirchlichen Arbeit, so Klassohn, seien die Kirchengemeinden. „Sie gewährleisten die Präsenz der Kirche Jesu Christi dort, wo die Menschen leben. Sie bieten die Möglichkeit zur Beteiligung bei niedriger Zugangsschwelle. Also muss viel für die Stärkung der Gemeinden getan werden.“ Er warb in diesem Zusammenhang auch für eine engere Zusammenarbeit von Kirche und Diakonie: „Lebendige Gemeinden werden in Zukunft auch diakonisch orientierte und selbst diakonisch handelnde Gemeinden sein. Das diakonische Handeln gehört zu den ursprünglichen Lebensäußerungen einer christlichen Gemeinde.“ Ein besonderes Anliegen müsse es auch sein, die Kultur des Ehrenamtes in Kirche und Gemeinden fortzuentwickeln. Klassohn bat die Landessynode, den ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Landeskirche, ein Wort des Dankes auszusprechen. Wirtschaft Zur aktuellen Entwicklung in der deutschen Wirtschaft sagte der Kirchenpräsident: „Es kann nicht sein, dass unter einer kleinen wirtschaftlichen Elite verteilte exorbitante Gewinne ‚privatisiert’ werden, während von eben dieser Elite verursachte Verluste sozialisiert und mit größter Selbstverständlichkeit dem Staat zugeschoben zu werden. Damit geht Zug um Zug das Vertrauen sehr vieler Menschen in die Führungs- und Vorbildqualität unserer ökonomischen Eliten verloren.“ Die wachsende Zahl von Nichtwählern spreche hier eine deutliche Sprache. „Kommt man mit ihnen ins Gespräch, so geben sie ihrer Enttäuschung über die derzeitige Situation und die anscheinend wachsende Hilflosigkeit der Politik gegenüber großen gesellschaftlichen Problemen Ausdruck.“ Rechtsradikalismus In seinem Bericht warb Kirchenpräsident Klassohn auch für Grundsätze in der Auseinandersetzung mit dem Rechtsradikalismus: „1. die Unantastbarkeit der Würde jedes einzelnen Menschen, der Schutz für das Leben und die Ehrfurcht vor dem Leben müssen auch in Zukunft oberste Maßstäbe für unser Denken und Handeln sein. 2. Wir werden uns vor keinem Angst mache und Angst einreden lassen, weder vor anderen Völkern, noch vor anderen Religionen, noch vor anderen Kulturen. Wir lehnen Hass und Gewalt in der politischen Auseinandersetzung ab. Für uns gilt weiterhin der Grundsatz: „Keine Gewalt“. 3. Wir werden uns in der demokratischen Meinungsbildung nicht von unseren demokratischen Institutionen abwenden und unsere gewählten Verantwortungsträger nicht allein lassen. Dies gilt auch für die Unterstützung der demokratisch legitimierten Polizei. 4. Dem braunen Ungeist, dem Geist des Rassenhasses, dem Geist der Brutalität und der Verherrlichung von Gewalt werden wir als evangelische Christen widersprechen und dagegen Widerstand leisten, wo auch immer dieser Ungeist auftreten möge und sei es im Bereich unserer eigenen Familien und Freundeskreise. 5. Wir werden den christlichen Glauben nicht durch eine angeblich als „urgermanisch“ propagierte neuheidnische Religion verhöhnen lassen. 6. Wir werden uns zu den jüdischen Wurzeln unseres christlichen Glaubens bekennen und die Mitglieder der jüdischen Glaubensgemeinde achten. Wir werden für das Existenzrecht des Staates Israel als Heimstatt für das Jüdische Volk ohne „Wenn und Aber“ eintreten und zugleich alle Bestrebungen für einen gerechten Frieden des Staates Israel mit seine arabischen Nachbarn und Mitbürgern sowie für die Gründung eines eigenen Staates für das palästinensische Volk unterstützen.“ Synodenbericht des Kirchenpräsidenten als PDF Dessau-Roßlau, 25. April 2008