Kirchenpräsident: Den Menschen in Anhalt nahe sein
Dessau-Roßlau, am – In seinem Bericht vor dem neu gewählten anhaltischen Kirchenparlament hat Kirchenpräsident Helge Klassohn am Freitag den Beitrag der Handwerker und Kleinunternehmer zur wirtschaftlichen Entwicklung in Sachsen-Anhalt gewürdigt. Bei der Synodaltagung in der Anhaltischen Diakonissenanstalt Dessau trat der Kirchenpräsident im Hinblick auf die Verantwortung für die Schöpfung weiter für eine Stärkung der nachhaltigen Landwirtschaft und verbesserten Tierschutz ein.
Zur Zukunft der Landeskirche sagte Klassohn, diese hänge ganz wesentlich von der kirchlichen Präsenz in den Lebensorten der Menschen ab. „Die neue Landessynode wird erneut zu prüfen haben, inwieweit bisherige Strukturen uns dabei helfen oder hindern, die christliche Botschaft unter den Menschen Anhalts zu verkünden“, so der Kirchenpräsident. „Wir wissen es sehr zu schätzen, dass sich gerade auch viele unserer Gemeindeglieder als Kleinunternehmer und Handwerker mit großer Sorgfalt und persönlichem Vorbild um die berufliche Ausbildung von jungen Leuten kümmern. Es geht in ihrem beruflichen Alltag, wie wir wissen, oft mehr um Selbstausbeutung als um die Ausbeutung anderer“, betonte Klassohn. Weil im Lebensalltag des Mittelstandes praktische Fragen wie der Einsatz für das Gemeinwohl, die Mitverantwortung der Mitarbeitenden für den unternehmerischen Erfolg und auch das öffentliche Leben in der Region vorrangig seien, müsse die Kirche in noch intensivere Gespräche mit Handwerkern und Kleinunternehmern eintreten. „Arbeitsformen in der handwerklichen Wirtschaft bieten wichtige Ansätze für die weitere Stärkung dessen, was Soziale Marktwirtschaft will und eigentlich bedeutet“ Zur Entwicklung der Landwirtschaft in Sachsen-Anhalt sagte der Kirchenpräsident: „Unsere Landwirte brauchen den Rückhalt der Menschen in unseren Städten und Dörfern für ihre verantwortungsvolle Arbeit mit und in der Natur, die wir als Gottes Schöpfung achten.“ Die anhaltische Landeskirche werde mit Landwirten und Bauernverbänden im Gespräch über die Belange einer nachhaltigen Landwirtschaft bleiben. „Dabei werden wir auch für eine artgerechte Tierhaltung eintreten, wobei deutlich erkennbar sein muss, dass wir in den Tieren unsere Mitgeschöpfe ehren, die ein Lebensrecht und ein Recht auf Schutz vor Tierquälerei haben, vor qualvollen Tiertransporten ohne Tränkung, Fütterung über Tage, Käfighaltung oder Tierversuche für Kosmetika.“ Im Hinblick auf die Zukunft der Landeskirche hob Klassohn hervor: „Auch die neue Landessynode wird erneut zu prüfen haben, inwieweit unsere überlieferten Strukturen uns dabei helfen oder hindern, die christliche Botschaft unter den Menschen Anhalts zu verkünden. Bisher haben die meisten von uns in der Existenz der anhaltischen Landeskirche eine Chance gesehen, den Menschen hier besonders nahe zu sein. Wir wollen ‚Kirche der offenen Türen’ sein, jede und jeder ist uns willkommen, auch wenn er oder sie lange Zeit einen anderen Weg gegangen sein sollte.“ Seiner Ansicht nach, so der Kirchenpräsident, werde sich die Zukunft des deutschen landeskirchlichen Protestantismus in den Gemeinden entscheiden, „wo nämlich das Wesentliche geschieht: die Begegnung des Evangeliums mit den Menschen an ihren Lebensorten.“ Die Höhe des Haushaltes und die Zahl der Gemeindeglieder seien dabei nicht das allein Entscheidende. „Es geht vielmehr um die Frage, ob die jeweilige Gemeinde allein oder nur noch mit anderen in der Lage ist, die Aufgaben einer Gemeinde Jesu Christi, die ‚evangelisch aus gutem Grund‘ ist, zu erfüllen.“ Intelligente Lösungen seien nötig, um angesichts einer sinkenden Zahl von hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern als Landeskirche auch „Kirche auf dem Lande“, in den Dörfern und Orten Anhalts zu sein. „Wir ziehen uns deshalb mit unserer kirchlichen Arbeit nicht aus der Fläche zurück. Region und ergänzende Kooperation bleiben die Zukunftsbegriffe für die neue Struktur unserer Arbeit.“ Klassohn betonte in diesem Zusammenhang die Bedeutung regelmäßig stattfindender Gottesdienste auf dem Lande. „In einer Zeit, in der vielfach von einem Wiedererstarken religiöser Erwartungen und spiritueller Bedürfnisse die Rede ist, dürfen wir gerade mit unserem gottesdienstlichen Leben in den einzelnen Dörfern nicht nur strukturell-organisatorisch umgehen“. Evangelische Spiritualität lebe aus dem Hören auf Gottes Wort im Gottesdienst und durch den Gottesdienst. Mit Blick auf die Sparbeschlüsse der Synoden in den vergangenen Jahren sagte der Kirchenpräsident: „Dies waren keine leichten Entscheidungen und es bleibt bei vielen auch ein Gefühl der Verletzung und des mangelnden Respekts vor ihrem Engagement.“ Doch helfe der Blick auf die Nachbarkirchen, wo die Verhältnisse durchaus nicht einfacher seien. Die Synode hatte 2004 bei den Pfarrerinnen und Pfarrern im Gemeindedienst eine Reduzierung auf rund 43,25 Vollbeschäftigungseinheiten bis Ende 2006 beschlossen. Um dieses Ziel zu erreichen sieht ein Konzept des Landeskirchenrates unter anderem vor, künftig rund 30 Prozent der 55 Gemeindepfarrerinnen und -pfarrer – wie auch in anderen Landeskirchen üblich – in Teildienstverhältnissen zu beschäftigen. Dienstvereinbarungen mit den Kirchengemeinden in den Regionen sollen gerade diesen Pfarrerinnen und Pfarrern helfen, den künftig begrenzten Umfang der eigenen Arbeit besser zu bestimmen, sie vor zu hohen Erwartungen schützen und sie in der Region abzustimmen. Zum Verhältnis der Evangelischen Landeskirche Anhalts zum Föderationsprozess zwischen Kirchenprovinz Sachsen und der Thüringischen Landeskirche sagte Klassohn: „Die bisherige Landessynode hatte diesen Prozess durch einen Sonderausschuss intensiv begleitet und im Herbst 2002 den Beschluss gefasst, nicht der Föderation in der von den beiden anderen Kirchen geplanten Weise beizutreten, hatte zugleich aber auch Vorschläge für eine Weiterführung der Verhandlungen im Sinne unserer Möglichkeiten und Erwartungen gemacht. Leider ist in der Öffentlichkeit nur das ‚Nein’ hängen geblieben. Wir hatten es danach nicht leicht, unsere Haltung zu vermitteln, mit der wir einen Kirchenverbund, aber nicht das Aufgehen in einer anderen Kirche anstrebten.“ Anhalt, so Kirchenpräsident Helge Klassohn, habe sich als kleines Land in der Mitte nie in einer separatistischen Eigenbrötelei gefallen, sondern immer die Vermittlung, die Kooperation und den Ausgleich gesucht. Hintergrund: Synode Die Landessynode besteht aus 33 von den Ältesten der Kirchenkreise gewählten und sechs von der Kirchenleitung berufenen Synodalen. Zwei Drittel der Synodalen sind Nichttheologen, ein Drittel Theologen. Die Stellvertreter der Landessynodalen werden von den Kreissynoden gewählt. Gemeindekirchenräte, Kreis- und Landessynodale werden, wie die Mitglieder des Landeskirchenrates, für sechs Jahre gewählt. Wiederwahl ist möglich. Die Frühjahrstagung 2006 ist zugleich die konstituierende Sitzung der in der 22. Legislaturperiode des anhaltischen Landessynode. Bericht des Kirchenpräsidenten (PDF)